lunedì 4 aprile 2011

Die Italiener (II. Teil)

Campanilismo

Identitätsbestimmung heißt für Italiener, zu wissen, wo man herkommt, und das ist ihnen sehr wichtig. Weil sie sich vielleicht nicht ganz darüber im klaren sind, was es heißt, Italiener zu sein, hängen sie besonders an ihrer regionalen Herkunft. „Woher kommen Sie? „ ist eine für Italiener wichtige frage, auf die man eine eindeutige Antwort erwartet. Im Gegensatz zu manchen Deutschen oder auch zu vielen Amerikanern, kommt ein Italiener niemals in Verlegenheit, wenn ihm diese Frage gestellt wird. Eine Stotterei von der Art wie : „Lassen Sie mich einen Augenblick lang nachdenken. Ich lebe zwar in Bremen, wurde aber in Stuttgart geboren, weil meine Eltern kurz vor meiner Geburt aus Köln dorthin gezogen sind. Nach der Schule habe ich in Dortmund studiert, und meine erste Arbeitsstelle habe ich in Berlin gehabt … „ kann einem Italiener nicht passieren.
Italiener wissen ganz genau, woher sie stammen. Ihren Geburtsort tragen sie ein Leben lang wie ein Banner mit sich herum. Ein Mann, der aus Barletta in Apulien stammt und in Mailand lebt, wird sich selbst immer als il pugliese bezeichnen und von anderen auch so gesehen werden. Niemand wird jemals von ihm erwarten, dass er ein Mailänder wird und sich wie ein solcher verhält. Im Gegenteil, es wird als völlig selbstverständlich betrachtet, dass er anders ist als die Mailänder. Selbst wenn er Barletta schon vor zwanzig Jahren verlassen hat und nur einmal im Jahr zurückkehrt, um seine Cousine zweiten Grades einen Besuch abzustatten, werden seine Bindungen nach Apulien stets das wichtigste für ihn sein. Und jeder, der wie er ebenfalls aus Barletta herkommt, erwartet aufgrund der gemeinsamen Herkunft größte Solidarität und Hilfsbereitschaft. Ebenso sehen große Industriemagnaten oder Politiker als ihre eigene Pflicht, sich um ihre Heimatorte zu kümmern, indem sie dafür sorgen, dass dort Geld investiert wird und für ihre ehemaligen Nachbarn Arbeitsplätze geschaffen werden.
Der campanilismo ist der Schlüssel zum Verständnis des italienischen Lokalpatriotismus. Wörtlich übersetzt bedeutet dieser Begriff die „ Loyalität zum heimatlichen Glockenturm „ ; jeder Italiener und jede Italienerin hält eben die Stadt, das Dorf, kurz den Ort, wo der campanile stand, in dessen Schatten er oder sie zur Welt gebracht wurden, für den Nabel der Welt. Jeder mögliche Zweifel, dass es einen besseren oder schöneren Ort geben könnte, ist völlig unangebracht. Jeder Italiener liebt seine engere Heimat ; woanders leben zu müssen kommt ihm wie ein Exil vor.
Dieser Lokalpatriotismus hat zur Folge, dass sich gerade Dörfer, Städte, Provinzen oder Regionen der unmittelbaren Nachbarschaft untereinander überhaupt nicht grün sind. Die Rivalitäten nehmen gelegentlich Ausmaße an, dass kaum noch Zeit und Energie für etwas anderes übrig bleibt. Der Italiener lebt in der festen Gewissheit, dass die anderen Italiener – gli altri – , besonders aber die Italiener aus der Nachbarfamilie, dem Nachbardorf, der Nachbarstadt oder der Nachbarregion überhaupt nichts taugen. Italien könnte wundervoll sein, wenn es gli altri nicht gäbe.

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